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Ostfriesischen Nachrichten vom 6.8.2007:


Lehrreich: die Erläuterungen zur Herstellung und Gebrauch der unterschiedlichen mittelalterlichen Waffen und Rüstungen war für viele Besucher absolutes Neuland, das sie aber offentsichtlich gerne betraten.
Auf sie mit Gebrüll:
4. Wikingerlager in Norddeich lockte 4000 Gäste
Reduzierte Teilnehmerzahl an neuem Standort - Aber keinerlei Abstriche bei der Qualität und dem Unterhaltungswert des Treffens

Von Arnold Weers

Norddeich. Marc Pickel von der Veranstaltungsagentur "Iventos" war mit dem Verlauf des diesjährigen und inzwischen vierten Wikingerlagers sehr zufrieden. "Wir sind in diesem Jahr vom Osthafen an den Grünstrand gezogen - und sind damit mittendrin im Geschehen gewesen. Es sind etwa 4000 Gäste gekommen, und mit diesen Zahlen können wir sehr zufrieden sein."
In der Tat mussten die Veranstalter von der Agentur und den Wirtschaftsbetrieben der Stadt Norden


Kostbar: Eine Rüstung war etwas Wertvolles. Dieser "Recke" brauchte einen ganzen Winter für seine Ausrüstung.

Faszinierend: Auch eines der gefürchteten Drachenboote war in Norddeich gelandet.

Interessant: Mit einfachen Mitteln fertigten die Wikinger ornamentalen Schmuck aus Rinderknochen an.
handeln, denn die Besucherzahlen waren seit dem ersten Treffen ständig zurückgegangen. Und mit den Besucherzahlen sanken auch die Einnahmen und damit stieg logischerweise auch das finanzielle Risiko. "Aus diesem Grunde sind in diesem Jahr auch bei weitem nicht so viele Darsteller anwesend, wie in den Jahren zuvor, aber das Niveau hat nicht darunter gelitten", so Pickel. In diesem Jahr waren es etwa 50 Zelte, die hier aufgeschlagen wurden in denen etwa 80 Darsteller und mehr als 30 "Krieger" Unterkunft bezogen.
Recht hatte Pickel mit dem hohen Niveau. Wer durch das Lager zog, konnte auch als hinreichend fachkundiger Beobachter keinen sachlichen Makel erkennen. Die Info-Zelte der angereisten (Hobby-) Handwerker waren echte Informationsstände zur Geschichte des Handwerks im frühen Hochmittelalter. Ausführlich wurde hier beispielsweise die Schmiedekunst erläutert, die Anfertigung von Schmuck - und die Herstellung und auch die Handhabung der damals gängigen Waffen und Rüstungen. Wie die Waffen eingesetzt wurden und welche Wirkung sie hatten, wurde nicht zuletzt durch die anschaulichen Vorträge und natürlich durch die Darstellung der legendären Schlacht in Nordendi im Jahre 884 nach Christi deutlich.
Diese Schlacht markiert in der ostfriesischen Legende das Ende der Wikingerherrschaft - aber ob sie wirklich stattgefunden hat sei noch mal dahingestellt.
Mehr als 10 000 Wikinger sollen damals ihr Leben verloren haben. Was natürlich eine ins unermessliche gesteigerte Dimension errreicht hat, selbst ein Null weniger erscheint rational betrachtet immer noch zu hoch, wenn man bedenkt, das die gefürchteten Drachenboote kaum Platz für mehr als 60 Männer bot. Und Flotten von mehr als zehn Schiffen brachten auch die Wikinger nur selten zusammen...
Und so wurde die legendäre Schlacht an der Nordseeküste mit viel Gebrüll und allerlei Waffengebrauch an zwei Tagen nachgespielt.
Zwar wollte man sich bei diesem Reenactment nicht wirklich verletzten, aber den einen oder anderen zufällig im Eifer des Gefechts erhaltenenen blauen Fleck konnten die Akteure auf die Rückreise in ihren normalen beruflichen Alltag schon mitnehmen…
Und die Besucher konnten einen Einblick ins mittelalterliche Leben an einem heißen Sommertag des Jahres 2007 mitnehmen.
Sie konnten sich an deftig gegrilltem Fleisch erfreuen und mit frischem Met oder Honigbier stärken. Und dabei der zur Kurzweil angebotenene Gaukelei und Jonglage folgen, die übrigens allerhöchsten Unterhaltungswert besaß. Und bei dergestlt umfassender Zufriedenheit konnte Marc Pickel eines versprechen: "Das Wikingerlager ist eine Attraktion für Norddeich und es wird sicherlich im kommenden Jahr ein fünftes Treffen dieser Art geben."

OSTFRIESEN-ZEITUNG vom 6. August 2007
Ein Krieger kennt keine Sonnencreme
VERANSTALTUNG
Das Wikingerlager in Norddeich lockte mit rasanten Kämpfen und altem Handwerk
Fünf Mal wurde die "Schlacht von Nordendi" gezeigt.
Sie hat es wirklich gegeben.

VON MICHAELA KRUSE

NORDDEICH - Die Sonne knallt vom Himmel. Da müssen sich Sabrina, Tim und wie sie alle heißen tüchtig mit Sonnencreme einreiben. Der Mensch von heute muss geschützt sein. Für einen echten Kerl wie Lars Martinen gilt das nicht. Der kräftige Wikinger geht lässig mit nacktem Oberkörper durchs Lager. Rote Stellen auf der Haut - Fehlanzeige. Stattdessen drängeln sich Tätowierungen an seinem Oberkörper. Ungewöhnliche Menschen waren am Wochenende in Norddeich zu sehen. Direkt am Strand, unterhalb vom "Haus des Gastes", hatten etwa 100 Wikinger ein 7500 Quadratmeter großes Lager mit Zelten aufgebaut.
Hinter dem Stand, wo es Met zu kaufen gibt, steht Wikingerin Helga Schaaf. Während die Besucher bei hochsommerlichen Temperaturen sich gerade noch T-Shirt und kurze Hose übergezogen haben, steht sie hier mit langem Rock und langem Oberteil. Zum Schutz, wie sie erklärt, "vor der Sonne". Sonnencreme kommt nicht auf ihre Haut. "Die gab es damals noch nicht." Damals - das ist die Zeit, als die Wikinger lebten. In Norddeich scheinen sie an diesem Wochenende für drei Tage auferstanden zu sein. Da gibt es ein Zelt, wo an Speerspitzen gefeilt wird, in einer Ecke arbeitet kräftig ein Schmied und ein wenig weiter wird jongliert. Mutige rennen nur mal so aus Spaß durchs Feuer. Dabei ist es unter der prallen Sonne schon warm genug.
Aber so ein echter Wikinger aus alten


Schwerter knallen aufeinander (großes Bild) - am Wochenende waren die Wikinger am Strand in Norddeich. Trotz hochsommerlicher Temperaturen waren die Akteure in lange Gewänder gehüllt. Oben (kleines Bild) ein echter Wikinger ohne Sonnencreme und unten ruht sich der Nachwuchs unter einem aufgespannten Fell aus.
Zeitenscheint das Wort Schwitzen nicht zu kennen. Aber Halt, es gibt auch noch ein paar Friesen in diesem Lager. Dieter Boelick, Hans-Peter Schipper und sein Sohn Daniel und Angelo Beck sind extra aus Glarum nahe Schortens angereist. "Wir sind Urfriesen", betont Dieter Boelick. Sie nennen sich in diesen Kreisen "Die Bogenschützen zu Glarum". Das Schießen mit dem Bogen ist ihre großes Leidenschaft. Stilecht haben auch sie sich lange Gewänder übergeworfen. "Man hat früher Wolle und Leder getragen", erklärt Dieter Boelick. Ein kurzer Blick auf den kurzen Rock und das T-Shirt der Fragestellerin, dann folgt der Satz: " Das war früher bei den Friesen nicht schick, Haut zu zeigen." Ah ja. Man ist also völlig falsch angezogen in dieses Lager gekommen.

 

Na gut. Dann lieber weiter schauen. Zum Beispiel zu den beeindruckenden Kämpfen, die während der drei Tage vorgeführt wurden. Vor allem "Die Schlacht von Nordendi" begeistert die zahlreichen Besucher. Ein altes schiff kommt vom Meer aus an den Strand gefahren. Krieger hechten heraus, Schwerter knallen aufeinander. Es ist die historische Schlacht zwischen Friesen und Wikingern. Die hat wirklich statttgefunden, im Jahr 884 war es.
An Diesem Wochenende hat es sie gleich fünf mal gegeben. Am Ende haben immer die Friesen gesiegt. Es muss alles so sein, wie es wirklich war. Deshalb kennt ein Krieger auch keine Sonnencreme. Aber eine Verbrennung hat es doch gegeben. Eine Zigarette war schuld, muss der stolze Wikinger Lars zugeben. Und lacht

OSTFRIESISCHER KURIER vom 6.8.2007


Die Schlacht um Nordendi tobt. Wikinger und Friesen Kämpfen am Grünstrand in Norddeich
und die Besucher gucken den Kriegern beim Gefecht zu.

Die Friesen haben gesiegt. Einer der Krieger
steht auf dem Körper eines Wikingers
Als Sklave Nummer 4 unter den Normannen
ABENTEUER    Ein Tag und eine Nacht im Wikingerlager in Norddeich – Darsteller führen ein Doppelleben
Die Schlacht um Nordendi, das Leben im,Jahr 884 – und wie die Realität einen wieder einholt.
VON SVEN GRÜNHAGEN

NORDDEICH - "Sklave Nummer 4!". Ich reagiere nicht sofort. Es ist ungewohnt. Doch ich weiß: Ich bin gemeint. "Sklave Nummer 4, mach Feuer!" Das Lager ist mir noch unvertraut. Jemand drückt mir einen Feuerstein in die Hand. Und ein kleines braunes Stück - ein Zunderpilz, wird mir erklärt. Ich betrachte ihn. Damit ein Feuer entfachen? Ich bin skeptisch, probiere es aber aus.
Es ist Nachmittag. Die Sonne scheint am Grünstrand. Ich sehe das Wattenmeer. Eine Nacht verbringe ich im Wikingerlager in Norddeich. Ich begebe mich auf eine Zeitreise. Es geht in das Jahr 884 zurück - zur Schlacht von Nordendi zwischen Wikingern und Friesen.
Ich trage einen braunen Jutesack. Ein Strick hält mein Gewand am Körper fest. Ich laufe barfuß. Mein Herr, der Händler Hyliak, hat mir den Auftrag gegeben, Feuer zu machen. Ich bearbeite den Stein. Klack. Klack. Ein Funken. Ich sehe die Flammen bereits lodern - doch nur vor meinem geistigen Auge. Wieder ein Funken, doch er will nicht auf den Zunderpilz überspringen. Ich spüre die Blicke der Höhergestellten. Jemand kommt. Er nimmt mir den Feuerstein ab.
Ansgar Barmetson versucht sich. Der normannische Krieger schlägt geschickter als ich auf den Stein ein. Er entzündet etwas Stroh. Es qualmt. Der wind weht und der Rauch beißt in meinen Augen. Barmetson pustet und pustet. Aber es brennt nicht. Der Normanne ist es leid. Er greift in seine Tasche. Seine Lösung: Ein Feuerzeug.
Plötzlich hat sich die Realität noch einmal gemeldet. Auch, wenn rund 65 Darsteller drei Tage mittelalterlich gewandet sind. Nun zieht es mich aber wieder ins Jahr 884.
"Wir versuchen die Vergangenheit mit den heutigen Mitteln darzustellen", sagt Ansgar. Er führt ein Doppelleben. Eigentlich heißt er Markus Müller, ist Sozialarbeiter und kommt aus Recklinghausen. Für drei Tage wird aus dem Sozialarbeiter ein Wikingerkrieger.
Ansgar ist mit einem rotbraun gefärbten Leinenstoffhemd gewandet. Um seinen Lederhut schlängelt sich ein Marderfell. Die hellbraunen Haare hängen dem Normannen über die Schulter. Am Kinn trägt er einen Ziegenbart. Seine naturbelassene Wollstoffhose hat eine Fischgradbindung. Am Gürtel sitzen eine Ledertasche und ein Arbeitsmesser mit Horngriff. Den Hals schmückt eine Kette, die mit Glasperlen besteckt ist. Doch es ist noch nicht perfekt. Ansgar verbessert ständig etwas.
Der Recklinghausener ist ein Nordfalke. Die Wikinger-Gruppe unterstützt sich gegenseitig dabei, ihre Gewandung zu perfektionieren. "Ich habe mittlerweile einen Blick für jedes Detail", sagt Ansgar. Zelte, Waffen, Trinkkrüge - die

Familie Buck aus Karlsruhe übernachtet im Wikingerlager (v.l.):Birgit mit Mann Dieter und Sohn Michael

Ein Jongleur balanciert eine Feuerfackel auf seiner Nase. Er begeistert die Zuschauer im Wikingerlager am Grünstrand in Norddeich mit seinen Kunststücken
Nordfalken entwerfen vieles selbst. Seit zirka zehn Jahren lebt Ansgar in der Freizeit als Wikinger.Jeder hat einen eigenen Charakter entwickelt. Da gibt es beispielsweise den Schmied und Schmuckhändler Skelmir Grünauge. Oder den Nordfalken-Anwärter und Tischler Hallgrim Thoraldson. "Hier bist du, was du darstellst", sagt Hylaik. Der Händler, mein Herr für einen Tag, heißt eigentlich Michael Knieper. Er schlüpft gerne in mittelalterliche Rollen. Es ist "eine Flucht aus dem Alltag". Auch Familie Buck aus Karlsruhe ist aus der Realität geflohen. Dieter (47), Birgit (45) und ihr Sohn Michael (9) sind die Sklaven 1 bis 3. Dafür haben sie 150 Euro bezahlt. Sie verbringen wie ich eine Nacht im Wikingerlager, schlafen im weißen Leinenzelt und speisen mit den Nordfalken.
Birgit ist Geschichtslehrerin. Das Lager gefällt ihr sehr gut. "Besonders Michael findet es toll", sag sie, denn: "Die Wikinger mussten nicht zur Schule." Ihr Mann Dieter zieht Parallelen zu seinem wirklichen Berufsleben. "Ich bin zu hause auch so etwas wie ein Sklave", scherzt er. "Ich bin Staatsdiener." Er beschäftigt sich mit Rentenversicherungen. Im Lager hackt er nun Holz, Birgit setzt Wasser auf oder wäscht ab. Den Aufstieg in der Hierarchie muss man sich verdienen. Die Zügel unserer Herren sitzen aber locker. Es bleibt Zeit, sich im Lager umzusehen.
Ein Wikingerschiff, ein Hornschnitzer, Schmuckstücke aus Knochen - ein Markt ist an Land gegangen. Ein Jongleur spielt mit Feuerfackeln. Abends begeistert er die Zuschauer als Feuerspucker.
Zirka 800 Grad unter den Füßen spuren einige Mutige. Eine kleine Strecke ist im Boden ausgehoben worden. Darin flackert die Glut auf.
Eine Frage der Einstellung, wer sich über die heißen Kohlen traut. Über offenem Feuer werden im Nordfalken-Lager Hähnchenschenkel gebraten und Pilze gedünstet. Wir essen alle mit Fingern.
Skelmir Grünauge brummt vom Gefecht der Kopf. Er hat einen Schlag abbekommen. "Wir versuchen schon, richtig zu treffen", erklärt

Ansgar Brachetson sitzt am Lagerfeuer. Der Wikingerkrieger brät Hähnchenschenkel

Ansgar Barmetson. Es gibt verschiedene Regelsätze, die vorgeben, welche Körperzonen angegriffen werden dürfen. Der Kopf gehört diesmal eigentlich nicht dazu.
Das Schlachten schlagen nehmen die Darsteller ernst. Das sieht und das hört man. Mit lautem Geschrei, Gespött für den Gegner und Schwerterrasseln treten sich Wikinger und Friesen gegenüber. So wie es laut Überlieferung im Har 884 an der Hilgenrieder Bucht, nahe der Stadt norden, gewesen sein soll. Die Schlacht kennt ihren Sieger schon: Die Friesen siegen und vertrieben die Wikinger von der Küste.
Am Morgen gegen 7.30 Uhr wecken mich frische Seeluft und Möwengeschrei auf. Im Haar finden sich Reste meines Bettes wieder - Ein paar Strohhalme haben sich verfangen. Im Lager sind die ersten Krieger wach. Es wirkt aber alles noch etwas verschlafen. Der Rauch über dem Kochkessel erinnert mich an den Vorabend. Zum Essen gab es süßlichen Met.
Beim Frühstück wird aus der Wikingerwelt langsam wieder Realität. Zwar schneide ich mir mit einem Reisenmesser, einem Sax aus Stahl, Mettwurstscheiben ab. Aber auch Nutella wartet auf dem Frühstückstisch.
Mittags verlasse ich das Wikingerlager in Norddeich und bin um eine spannende Erfahrung reicher.Ich vermisse anfangs aus Gewohnheit Messer und Gabel.
Mittlerweile sind alle Sklaven aufgestiegen. Ich trage jetzt eine schwarze Tunika. Mein neuer Rang in der Hierarchie ist der des Bauern. In der Mitte des Wikingerlagers singen am Lagerfeuer zwei Frauen Lieder über Heldentaten. Der Hornschnitzer Tyrstyr improvisiert ein Lobgebet an die Wikinger-Götter Thor und Odin. Sie sollen den Kriegern am letzten Gefechtsstag in der Schlacht um Nordendi beistehen. "Auf das du weißt, dass wir bereit sind für Ragnarök", sagt er. Ragnarök war der Wikinger-Glaube an den Weltuntergang.

FOTOS: GRÜNHAGEN


Zurück zu den Wurzeln:
Leben wie die alten Wikinger

Norden (dpa) - Die Sonne brennt heiß auf die beigefarbenen Stoffzelte direkt am Nordseestrand in Norden (Kreis Aurich). Dieter Buck und seine Familie sitzen gelassen im Schatten der rustikal anmutenden Unterkünfte. Sie tragen blaue, verzierte Umhänge, polieren alte Schwerter auf Hochglanz, trinken aus Holzbechern, bewachen das kleine Lagerfeuer und leben entspannt in den Tag hinein. Der Karlsruher, seine Frau und der neunjährige Sohn Michael sind Wikinger - zumindest für ein paar Tage.

Dieses kurze Leben abseits des hektischen Alltags hat die Tourist-Information von Norddeich/Norden möglich gemacht. Unter der Federführung von Marketingleiter Kai Koch waren im Rahmen des alljährlichen Wikingerfestes am Norddeicher Grünstrand zum ersten Mal auch Übernachtungsgäste herzlich willkommen. Gegen einen Kostenbeitrag können unbedarfte Besucher dem Ruf der Natur bedingungslos folgen und sich drei Tage lang in die alten Wikinger-Strukturen einbringen. Dieses Konzept - zurzeit noch in der Testphase - soll in den nächsten Jahren weiter ausgebaut und verfeinert werden.

Eigentlich ist Dieter Buck Beamter bei der Rentenversicherung und seine Frau Birgit ist Klassenlehrerin an einer Waldorfschule. «Für uns war dieses Angebot eine gute Möglichkeit, mal in ein solches Lagerleben hineinzuschnuppern», sagt Birgit Buck. Sie ist jetzt Mitglied im Freien Heerlager der Nordfalken - mit allen Rechten und Pflichten. Und Arbeiten gibt es im Lager genug. In der einen Ecke wird geschmiedet, in der anderen stellt eine junge Frau Kleidung her und für Ordnung und saubere Gewänder muss auch gesorgt werden.

Zusammenhalt und Authentizität werden in der Hobbygruppe groß geschrieben. Das beginnt bei der ursprünglichen Kleidung, geht über die zünftigen Mahlzeiten und endet schließlich beim Schlafen auf Stroh. «Wir sind eine Handelsgemeinschaft aus dem Jahr 940, die sich zu verteidigen weiß», erklärt Ansgar Brachetson, einer der waschechten Wikinger. Die Geschichte lebendig zu machen, das ist ihr Motto. Dazu gehört auch, Schlachten nachzustellen. Die rauflustigen Wikinger zeigen eindrucksvoll die Schlacht um Nordendi, die tapfere Ostfriesen im Herbst des Jahres 884 für sich entscheiden konnten. Die eben noch polierten Schwerter kommen dabei erbarmungslos zum Einsatz.

Am lodernden Feuer sitzen die Krieger schließlich wieder friedlich vereint und unverletzt beieinander und singen gemeinsam alte Weisen. Zum Höhepunkt des Abends zählt der Lauf über heiße Kohlen. Auch Familie Buck schaut mit großem Respekt auf die 600 Grad Celsius heiße Glut aus Buchenholz. Die ersten Mutigen trauen sich und laufen konzentriert über die fünf Meter lange Glutbahn. Und während die Mutproben am Feuer mit Met und Honigbier begossen werden, ist für den neunjährigen Michael schon Schlafenszeit. Eigentlich soll er die Nacht auf Stroh gebettet und nur von Schaffellen bedeckt verbringen, doch seine Mutter hat Schlafsäcke ins Zelt geschmuggelt. «Ich vertraue den Fellen irgendwie nicht, dafür ist man nach heutigem Standard einfach zu sehr gewöhnt», sagt sie und lächelt verlegen.

Dieser kernige Hauch von Romantik und das ursprüngliche Leben ohne jeglichen Luxus direkt an der Nordseeküste hat das Wochenende für Familie Buck zu einem außergewöhnlichen Erlebnis gemacht. «Für Kinder ist es hier optimal. Man lebt wie in einer historischen Parallelwelt. Wir würden es jederzeit wieder machen», resümiert Familienvater Buck. Ab kommenden Sommer soll die Abenteuer-Veranstaltung fest in den Norddeicher Terminkalender integriert werden.

dpa im August 2007

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